Keine Routine? Kein Problem! Wir sind Volontäre in Indien.

25.05.2019
Doppelgeburtstag im Vimukthi
Doppelgeburtstag im Vimukthi

Auch wenn diese Aussage vielleicht nicht für alle Volontäre und Volontärinnen auf der Welt gilt, für uns in Indien ist sie jedoch zutreffend. Ich "feiere" heute mein dreimonatiges mit Indien und rückblickend betrachtet, muss ich sagen, dass Indien kein Land der Routine ist. Entweder sind Feiertage, wovon Indien definitiv nicht zu wenige hat, oder spezielle persönliche Anlässe wie Hochzeiten oder Geburtstage, die groß gefeiert werden, oder man will einfach ein wenig Abwechslung und fährt irgendwo hin. Und der letzte Monat war definitiv nicht langweilig, weswegen ich leider auch nicht zum Bloggen gekommen bin. Hier ein "Entschuldigung" meinerseits an dieser Stelle.

Es sind einige große Ereignisse in letzter Zeit passiert. Einmal auf persönlicher und kleiner Ebene und andererseits auf großer und politischer. Ich fange einmal mit den großen Brocken an und werde langsam zu den kleineren übergehen.

Österreichs Politik

WHAT THE ... HAPPENED THERE!? Ich werde hier zwar keine politische Stellung beziehen, denn dies ist nicht der Ort dafür, aber der Ibiza-Strache-Skandal hat sogar unsere Flat erreicht und heiße Diskussionen entfacht. Gespannt wurde letztes Wochenende den Reden und Entscheidungen der österreichischen Oberhäupter gefolgt und mitgefiebert, was nun als nächstes geschieht. Dies hat einen sehr großen Teil meines Wochenendes in Anspruch genommen, denn wenn man sich mit Nebeninformationen, Stellungnahmen anderer Politiker und weiteren Standpunkten versorgen will, braucht dies Zeit.

Und der Umbruch, der in Österreich jetzt stattfinden wird, hat natürlich auch eine gewisse Auswirkung auf uns Volontäre, die in Österreich leben und arbeiten.

Indiens Politik

Die Wahl über den Fernseher verfolgen
Die Wahl über den Fernseher verfolgen
Fleißiges Arbeiten
Fleißiges Arbeiten

Am 23.Mai wurden die indischen Stimmen für die Parlamentswahl ausgezählt. Sicherlich hat dies keinen wirklich direkten Einfluss auf mich, aber unsere Fathers und Projektleiter haben die Wahl mit Spannung über den Fernseher mitverfolgt. Und da ich der Meinung bin, dass Kinder/ Jugendliche sich ebenfalls früh für Politik interessieren sollten, haben Lilli und ich uns nicht in den Weg gestellt als der Vorschlag kam, die Wahl während der normalen Unterrichtszeit über en Fernseher zu verfolgen.

Realität zeigte jedoch, dass das Interesse der Burschen nicht unbedingt vorhanden war und die Jungs eher gelangweilt herumsaßen. Da kam mir dann die Idee unser Solarsystem zu basteln und es plakativ für eine Wand zu gestalten

Und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Father Wechsel und ein verlängertes Wochenende

Dies war für mich die größte Veränderung in den letzten Wochen. Normalerweise rotieren die Fathers in unserer Provinz alle paar Jahre in ein neues Projekt. Einerseits damit kein Stillstand entsteht und andererseits damit sich das Projekt durch den frischen Wind weiter entwickeln kann. Unser Father Balashowry blieb jedoch für sechs Jahre. Was definitiv dem Projekt keinen Abbruch getan hat aber eben nun einen sehr großen Abschied bedeutete. Auch war er der erste Father, den ich kennen gelernt habe. Somit bildete er für mich eine gewisse Instanz - und natürlich für andere auch, weshalb der Abschied um so schwerer fiel. Der letzte gemeinsame Gottesdient am Sonntag war recht emotional. Ich hatte Tränen in den Augen als Father Balashowry seine letzte Messe abgehalten hat, denn mir wurde klar, dass er eine wirklich tolle Person in vieler Hinsicht ist. Auch wenn ich ihn nur seit drei Monaten kenne, bin ich doch recht begeistert von ihm. Auch Father Alex wurde verabschiedet und beide haben am Montag eine große Verabschiedungsfeier bekommen. Mit Segen, Blumen und Gebeten wurde ihnen Auf Wiedersehen gesagt.

Da die Verabschiedung am Montag stattfand, sind Lilli und ich auch erst am Nachmittag ins Vimukthi gefahren. Wieder eine kleine Planänderung.

RVTC Boys im Vimukthi

Eins meiner Highlights! Die RVTC Jungs sind die jungen Erwachsenen, die eine handwerkliche Ausbildung zum Elektriker, Klempner oder Mechaniker machen. Nicht zwangsläufig müssen sie vorher im Vimukthi gewesen sein, aber ein Großteil von ihnen war es.

Der Besuch der RVTC Burschen im Vimukthi war eine neue Idee. Da die meisten Einrichtungen gerade Sommerferien haben, hat sich unsere Gemeinschaft gedacht, dass auch die RVTC Boys eine Abwechslung bekommen sollen. So waren wir plötzlich statt zehn Jungs 30 Burschen im Vimukthi. Und das war mal eine große Veränderung. Aber eine unglaublich Gute.

Im Vimkuthi gibt es viele Arbeiten zu verrichten, die normalerweise nicht angegangen werden können, weil einfach nicht die Kraft, die Zeit und die verfügbaren Hände da waren. So bleiben Dinge wie Zäune reparieren, Brunnen graben, Holz sammeln, Elektrik richten und vieles weitere unberührt. Aber mit den zusätzlichen 40 Händen konnte sehr vieles gestemmt werden. Gemeinsam wurde geschuftet und gehakelt und danach kam dann immer die wohlverdiente Pause. Und diese wurden mit gemeinsamen Spielen und Tanzen verbracht.

Ich habe selten bei UNO Runden so viel Schummeln aber auch so viel Lachen erlebt. Selten habe ich so viel Freude und Spaß in den Gesichtern der Jungen erlebt, als sie Cricket und Volleyball gespielt haben. Selten war so viel Leben im Vimukthi wie zu dieser Zeit. Es war wundervoll zu sehen, wie die Vimukthi-Burschen die Gesellschaft der Älteren und auch die Abwechslung zum Alltag genossen haben.

Und auch für mich war es ebenfalls eine große Veränderung, denn wir Volontäre hatten auch den üblichen Alltag mit Unterricht und Craftsclass nicht. Wir haben bei den Duties geholfen und waren fleißig bei den Spielerunden dabei. Eine der Duties war Holz sammeln. Das hört sich vielleicht ganz schön und einfach an, war es aber nicht. Riesige Baumstämme in großer Hitze zu schleppen ist definitiv nicht leicht und der Kampf gegen die großen roten Ameisen, die fies zubeißen können, waren auch nicht die angenehmsten. Zumal wir diese auch meistens verloren haben. Aber es hatte trotzdem riesigen Spaß gemacht und uns als Gruppe definitiv näher zusammengebracht.

Am letzten Tanzabend haben wir uns auch gut zum Affen gemacht, denn die Burschen haben eine unglaubliche Körperbeherrschung und Körperführung. Ihre schnellen Bewegungen und das außergewöhnliche Rhythmusgefühl haben uns Volontäre ziemlich blass aussehen lassen. Aber wir haben unser Bestes gegeben. Und Spaß hat es auf alle Fälle auch gemacht.

Der gemeinsame Kinobesuch war dann der krönende Abschluss einer wundervollen gemeinsamen Zeit.

Vimukthi-Boys und RVTC-Burschen mit Staffmembers und Uns
Vimukthi-Boys und RVTC-Burschen mit Staffmembers und Uns

Eine weitere Volontärin bei uns im Vimukthi

Das Mango-Massaker
Das Mango-Massaker

Diese Volontärin ist zwar keine neue Volontärin, aber normalerweise ist sie nicht im Vimukthi stationiert, sondern in der Stadt - Shelter und BVK. Da Renovierungsarbeiten in unserer Wohnung stattfanden und -finden, musste das Wasser für vier Tage in der Wohnung abgedreht werden. Was darin resultierte, dass alle Volontäre einerseits früher ins Projekt zurückmussten und andererseits die Stadtvolontäre für eine Woche aus der Flat ausziehen mussten. Und so kam Sophia mit mir und Lilli ins Vimukthi. Da ja die RVTC Boys für einen Großteil ihrer Zeit ebenfalls da waren, gab es für uns drei keine rechte Routine.

Was Sophia allerdings von der Woche mitnehmen konnte, waren zusätzliche Lachfalten, einen Mangobauch und ein paar schöne Erinnerungen.

Renovierungsarbeiten in der Flat

Wie gerade schon erwähnt, wird bei uns gerade die Wohnung renoviert. Türen und Wände werden gestrichen, Steckdosen und Ventilatoren repariert, Löcher und Fugen gespachtelt. Wir sind jetzt stolze Besitzer einer funktionierenden Spülung und eines neuen Duschkopfs. Luxus, Oida!

Leider ziehen sich diese Renovierungsarbeiten jetzt schon seit gut zwei Wochen hin und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Jetzt werden noch die Fenster gestrichen und ich wette, in ferner Zukunft werden sich noch weitere Dinge finden, die gerichtet werden müssen. An sich stören uns diese Arbeiten ja nicht, weil "Hey, wer will nicht in einer schönen Wohnung leben". Das Ding ist nur, dass man sich nicht so frei bewegen kann, wie sonst in seiner freien Zeit, denn überall sind immer irgendwo Bauarbeiter. Auf der Treppe, unter der Treppe, im Bad, im Flur, in der Küche, vor dem Fenster, hinter dem Fenster, unter dem Fenster, im Fenster. Nein, also nicht immer überall, aber doch schon sehr oft an vielen Orten. Aber so ist das eben, wenn man in einer gemieteten Wohnung lebt.

Hitzewelle und Kreislaufprobleme

Ich bin ja jetzt schon eine kleine Weile in Indien und hatte mich recht gut akklimatisiert. Aber aus irgendwelchen Gründen, dachte sich mein Körper, dass es einmal wieder an der Zeit wäre eine Runde krank zu werden. Zwar nicht so stark wie das erste Mal mit Antibiotika und drei Spritzen, aber doch so sehr, dass mich das ganze psychisch irgendwie fertig gemacht hatte. Ich weiß nicht, ob ihr alle wisst, wie es ist einen Kreislaufkollaps zu haben. Einem werden die Beine ganz weich, man bekommt einen Tunnelblick, Schwindel setzt ein und der Puls wird sehr niedrig. Leider musste ich in diesem Zustand alleine für eine Stunde ausharren, denn die anderen Volontäre waren bei einem Meeting und ich konnte niemanden kontaktieren. Essen und Trinken hatte meinem Zustand keine Veränderung gebracht und nach einer ganzen Weile kam eine gewisse Panik auch noch dazu. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte und helfen konnte ich mir wegen der Schwäche selbst nicht.

Am Ende war dann eh alles gut, aber es zeigte sich, dass ich doch nicht so resistent gegen die Hitze bin.

Ein weiterer Drop-out, der Schutz im Shelter fand

Nicht unser Drop-out, aber ein Huhn im Mangobaum
Nicht unser Drop-out, aber ein Huhn im Mangobaum

Diese Geschichte habe ich bewusst ans Ende gestellt. Nicht weil sie mir als klein oder unwichtig erscheint, sondern weil sie eine besondere Stellung für mich einnimmt. Aus gegeben Gründen, die hier nicht weiter erläutert werden sollen, ist ein Junge aus unserem Projekt abgehauen. Gescheit, wie er war, ist er aber nicht weit weggelaufen, wie die meisten Burschen, die abhauen, sondern er hat in einem anderen Teilprojekt von uns in Vijayawada Zuflucht gesucht. Und das war eine intelligente Entscheidung. Dem Jungen ist eine Ungerechtigkeit widerfahren und als Folge ist er weggelaufen. Er hat sich aber nicht gegen Navajeevan als Gesamtprojekt gestellt, sondern nur gegen den, der ihm Unrecht getan hat. Somit hat sich der Junge auch nicht die Chance genommen noch ins spätere Ausbildungsprojekt RVTC zu kommen.

Als ich erfahren habe, dass er im Shelter ist und bereits mit Father geredet hat, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen und ich habe sofort die dort arbeitenden Volontäre kontaktiert. Diese haben mir mit Fotos und Sprachnachrichten vom Burschen garantiert, dass es ihm gut geht. Und das war ein Seelenheil für mich.

Wie Ihr sehen könnt, geht es bei mir auf und ab. Keine Woche ist wie die andere und das wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern. Morgen kommt die erste Hyderabad Volontärin. Die anderen vier folgen einen Tag später. Über das nächste Wochenende geht es für einen Wochenendtrip nach Hampi und am darauffolgenden Wochenende ist schon wieder Pfingsten und der erste Abschied eines Volontärs steht an. Danach folgen Urlaube, Besuche, verkürzte Arbeitswochen, etc.

Unser Kinobesuch - Maharshi
Unser Kinobesuch - Maharshi

Es wird hier einfach nicht langweilig.

Danke fürs Lesen und ich wünsche euch ein schönes Restwochenende.

Eure Rike in Indien

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